
Köln | Er saß viele, viele Jahre an den Schalthebeln der Verwaltung und gestaltete die Geschicke der Stadt tatkräftig in verschiedenen Funktionen mit.
Heute ist Karl-Heinz „Charly“ Merfeld (68) im Unruhestand. Denn der frühere Pressesprecher der Stadt Köln und Chef von KölnTourismus hat ein ehrgeiziges Projekt in Angriff genommen.
Das 40 Jahre Tagebuch Schreiben soll nicht umsonst gewesen sein. Merfeld strickt daraus seine Memoiren, die er momentan zuhause verfasst.
Kölner Top-Funktionär mit spannenden Anekdoten zum Weltjugendtag 2005
„Es sind so viele tolle Erinnerungen dabei, die ich einfach festhalten möchte“, sagt der umtriebige Macher aus Porz, der in Köln wohl so ziemlich alles erlebt hat, als wir ihn im sonnigen Hotel Dreesen direkt am Rhein in Bad Godesberg zum Geburtstag seines lieben Freundes Gerd Behnke (85) und Monika treffen.

Der gebürtige Kölsche war über 48 Jahre bei der Stadt Köln beschäftigt, davon 30 Jahre in Führungspositionen. Er war Büroleiter bei Bürgermeister Harry Blum, Pressesprecher von Oberbürgermeister Fritz Schramma, Chef des Presse- und Bürgeramtes, Geschäftsführer der KölnTourismus GmbH, Leiter der Kölner Wirtschaftsförderung und Porzer Bürgeramtsleiter.
Seit zwei Jahren ist er Rentner und oft in der Welt unterwegs. Seine Reisen und Kölner Erlebnisse kann man auf YouTube unter merfeld18verfolgen.
Außerdem schreibt er derzeit seine Biografie mit unzähligen spannenden Köln-Erlebnissen. Eine davon darf koeln0221 an dieser Stelle bereits veröffentlichen. Es ist die Geschichte vom Weltjugendtag vor 20 Jahren – mit dem deutschen Papst Benedikt und dem brasilianischen Superstar Pelé.

Wie ich Pelé zum Papst trickste
Das Jahr 2005 kam – ich war seit über einem Jahr gemeinsam mit meinem österreichischen Kollegen Josef Sommer Geschäftsführer von Köln Tourismus und wir hatten die junge GmbH gut aufgestellt.
Wo früher nur eine Handvoll Merchandising-Artikel verkauft wurden, warteten nun über 600 Köln-Souvenirs auf unsere Gäste im neuen römischen Gewölbekeller – dem Köln Shop, direkt gegenüber des Doms.
Oberbürgermeister Fritz Schramma informierte mich, dass der berühmte brasilianische Fussball-Weltstar Pele ihm gegenüber angedeutet hatte, dass er gerne den neuen und frischgewählten Papst Benedikt beim Weltjugendtag treffen würde.
Im Gegenzug würde Pele sich dafür einsetzen, dass alle über 5000 brasilianischen Fans in Kölner Hotels währen der WM 2006 untergebracht würden. Ein verheißungsvolles Angebot und ich bekam den Auftrag von Schramma, dafür zu sorgen, den Papst und Pele zusammen zu führen.

Also griff ich zum Telefon und rief erstmals in meinem Leben in Rom beim Papst an. Aber das Telefonat mit seinem Reisemarschall im Vatikan („Wer bitte ist Pele?“) brachte mich nicht viel weiter. Aber ich hatte ja noch unsere kleine freundschaftliche „WM-Runde“ bestehend aus Frank Hörl, Direktor des Hilton-Hotels, den beiden KölnTotal-Managern Volker Struth und Erik Bock, Horst Meyer vom Sportamt und Rainer „Calli“ Calmund, bekannter und gewichtiger Manager von Bayer Leverkusen. Mit ihnen würde ich sicher eine Lösung finden.
Wir hatten – gemeinsam mit dem Kölner Busunternehmer Wilfried Wolters – schon einen tollen WM-Werbe-Bus im Einsatz. Und für 5000 junge Weltjugendtagshelfer hatten wir das größte Zeltlager Europas am Fühlinger See erschaffen. Mit Peter Schmitz-Hellwing hatten die WM-Runde auch bereits einen beeindruckenden Ableger des Münchner Oktoberfestes nach Köln geholt.
Nie wieder verdiente KölnTourismus so viel Geld wie an diesen Tagen.
Der Weltjugendtag begann am 15.8.2005 mit Regen und wir hatten Sorge, dass das von Germanwings gesponserte Zeltlager im Matsch versinken würde. Aber Petrus war Köln-Fan und das Wetter besserte sich spürbar. Hunderttausende junge fröhliche Menschen aus aller Welt bevölkerten Köln.

Menschenmassen kauften uns den Köln-Laden leer. Die Domplatte war schwarz vor begeisterten Besuchern mit Länderfahnen. Sie sangen zusammen und es war eine wunderbare Stimmung. Ich ließ Tapeziertische draußen vor der Türe aufstellen um weitere Verkaufsstellen zu haben für unsere Merchandising-Produkte. Nie wieder verdiente KölnTourismus so viel Geld wie an diesen Tagen.
Einen Tag vor dem Papst kam am 17.8. Pele und seine Entourage um 18 Uhr mit dem Zug aus Frankfurt an. Horst Meyer und Amtsleiter Dieter Sanden vom Sportamt warteten mit mir im Hauptbahnhof. Aber Pele war ein wenig enttäuscht. Er hätte sich als Weltstar eine größere Fangruppe zu seinem Empfang gewünscht. Das konnte er haben. Ich bat die beiden Kollegen mit Pele zum nahen Dom-Hotel im Auto einen kleinen Umweg zu fahren und würde in der Zwischenzeit – also in 10 Minuten – einen größeren Empfang vor dem Dom-Hotel organisieren.
Ich lief auf die Domplatte zu den Hunderten von Jugendlichen und rief in deutsch und englisch „wer denn mal den berühmten Pele“ sehen wollte. Alle wollten. So führte ich eine Gruppe von weit mehr als Hundert Leuten vor das Dom-Hotel und da kam auch schon Pele angefahren. Er wurde begeistert empfangen mit vielen Fahnen und war glücklich.

Am nächsten Tag kam der Papst mit dem Schiff in Köln an, wurde vom Oberbürgermeister empfangen und zum Roncalliplatz geleitet. Ich sah die Veranstaltung mit vielen Prominenten von der Dom-Hotel Terrasse aus. Pele war dabei und sein Gefolge, Politiker und Prominente wie Rainer Calmund und Lukas Podolski.
Abends ging es dann noch zur Papst-Veranstaltung ins RheinEnergie-Stadion, aber der Termin zwischen Papst und Pele stand immer noch nicht.
Wir hatten Pele für den nächsten Tag zu einer Messe in der romanischen Kirche St. Pantaleon, die der Papst halten würde, gute Plätze reservieren lassen. Ein brasilianisches Fernsehteam war auch dabei. Als Pele nach der Messe den Papst freudig ansprach, ging dieser aber achtlos an ihm vorbei. Ein absoluter Flop, eine Vollkatastrophe. Pele war untröstlich und vergoß in seiner Suite angeblich so manche Träne.

Die Freunde der WM-Runde kamen abends zusammen um eine schnelle Lösung zu finden. Die konnte nur darin bestehen, dass der Oberbürgermeister am nächsten Tag, wo er mit Frau zum Mittagessen beim Kölner Kardinal Meissner und dem Papst eingeladen war, Pele einfach ohne offizielle Einladung mitbringen würde. Fritz Schramma war einverstanden, aber wie brachten wir den nicht eingeladenen Pele an den Wachen vor der Türe vom Bundeskriminalamt (BKA) vorbei?
Die Lösung brachte uns der umtriebige Rainer Calmund. Der kannte mal wieder jemand Wichtiges in Wiesbaden, telefonierte in seiner unnachahmlichen Art und versprach zwei brasilianische Trikots mit Pele-Unterschrift für einen guten Zweck nach Wiesbaden zu schicken.

Unglaublich – aber es funktionierte. Kurz vor dem Mittagessen am nächsten Tag kam dann zwar auch noch das o.k. der Kirche zu Pele als offiziellen Teilnehmer, aber wichtig war nur, dass Pele glücklich war. Der Papst hatte zu ihm gesagt: „Ach, Sie sind der berühmte Fussballer! Sie und Fussball sind wichtig, denn Fussball berührt die Herzen der Jugend.“
Pelé war überglücklich, strahlte für den Rest seines Köln-Besuchs und unterzeichnete mir eine ganze Reihe gelber Trikots und T-Shirts. Ein Trikot davon gab ich dann Lukas Podolski – gegen die Zusage einer Autogrammstunde bei KölnTourismus, schließlich mußte ich Geld ja für die Stadt verdienen.
Der Weltjugendtag und das riesige Zeltdorf, Pelé und Papst – anstrengende Tage gingen zu Ende. Es war ein voller Erfolg und unvergesslich. Und es lohnte sich: Pele hielt sein Wort und ein Jahr später konnte Köln nahezu alle 5000 brasilianischen Fans in seinen Hotels begrüßen.