
Köln | Raketen-Gaudi um Mitternacht als Einstimmung fürs neue Jahr.
Was für viele Menschen ein großer Spaß ist, ist für unsere Haustiere der blanke Horror.
Der Kölner Hunde-Flüsterer und Tierfreund Andreas Moll (59) weiß wovon er spricht.
Für Loss mer schwade gibt der renommierte Autor Tipps, wie man sich als Herrchen und Frauchen um seine Lieblinge am besten kümmern sollte, wenn das Feuerwerk beginnt.
„Der schöne Brauch, das alte Jahr mit Raketen und Knallfröschen zu verabschieden und das Neue Jahr gebührend willkommen zu heißen, bedeutet für (fast) alle Hunde puren Stress“, so Moll, „Manche Hunde, so wie auch meiner, geraten sogar in Panik, wenn sie in den Tagen vor dem Jahreswechsel die ersten Kracher hören und riechen. Mein Hund hechelt, will so schnell wie es geht nach Hause, verkriecht sich dort und frisst auch nicht mehr. Das eigentliche Feuerwerk in der Silvesternacht bedeutet für meinen Vierbeiner Stress, von dem er sich gut eine Woche erholen muss.“

Was passiert, wenn Hunde Stress haben?
Moll: „Ein wichtiges Hormon in Zusammenhang mit Stress ist das Cortisol, das in der Nebennierenrinde gebildet und bei Angst vermehrt ausgeschüttet wird. Der erhöhte Cortisolspiegel dient der zusätzlichen Bereitstellung von Energiereserven, die zur Bewältigung von Stresssituationen benötigt werden.
Neben der Beteiligung an vielen Stoffwechselvorgängen ist Cortisol auch an der Regulation des Wach- und Schlafrhythmus beteiligt. Es wird vorrangig in den Morgenstunden produziert und auf Vorrat im Körper gespeichert, damit es im Ernstfall in ausreichender Menge verfügbar ist.
Im Tagesverlauf und gegen Nacht sinkt der Cortisolspiegel auf seine niedrigsten Werte. Dauerhafte Stresszustände, wie eben ein Feuerwerk, führen durch die Erschöpfung der Nebennieren langfristig zu einem Cortisolmangel. Aufgrund des eintretenden Mangels kann Stress zunehmend immer schlechter bewältigt werden.“
Durch übertriebene Zuwendung verstärkt sich die Angst des Hundes. Jedes Beruhigen wird vom Hund als Lob verstanden und verstärkt sein Angstverhalten
Dr. Birgitta Nahrgang
Wie sollten sich die Hundehalter:innen verhalten?
Er schreibt dazu ausführlich und zitiert weitere Fachleute: „Wichtig ist für alle Tierbesitzer:innen zu wissen, dass Ängste und Unsicherheiten niemals durch Zwang oder Strafe aberzogen werden können. Die Kölner Tierärztin, Dr. Birgitta Nahrgang, rät: „Nach Möglichkeit sollten Hundehalter:innen Entspannung signalisieren und die Alltagsrituale beibehalten.
Durch übertriebene Zuwendung verstärkt sich die Angst des Hundes. Jedes Beruhigen wird vom Hund als Lob verstanden und verstärkt sein Angstverhalten. Dem Tier sollen Rückzugsmöglichkeiten angeboten werden. Hundeboxen mit Dach eignen sich wegen des Höhlencharakters gut.
Bei starken Lichtreizen werden Rollläden heruntergezogen, vorhandene Gardinen geschlossen. Spaziergänge am Silvesterabend sollen kurz und bis spätestens 20 Uhr stattfinden. Beim Hund ist ein guter Sitz des Halsbandes zu überprüfen, damit er sich in einer Panikreaktion nicht daraus befreien und kopflos davonrennen kann. Das Anschalten eines Radios bzw. Fernsehgerätes stellt ggf. einen gewohnten Gegenreiz dar. Das Wichtigste aber ist und bleibt ein souveräner Tierhalter, der sich unbekümmert verhält und seinen Alltagsverrichtungen nachgeht, anstatt seine Aufmerksamkeit der Angst des Tieres zu widmen.“

Generell sollten tendenziell ängstliche Hunde frühzeitig auf Silvester vorbereitet werden. Manchen Hunden hilft zum Beispiel das Abspielen von CD’s mit Feuerwerksgeräuschen, die dem Angstpatienten vorgespielt werden, so dass sich diese an die Geräusche gewöhnen kann. Eine Desensibilisierung jedoch braucht seine Zeit und sollte mit der Hilfe einer Hundetrainer:in in Angriff genommen werden – betroffene Hundebesitzer:innen sollten dies schon frühzeitig im Jahr angehen.
„Bei schweren Ängsten stellt der kurzfristige Einsatz eines angstlösenden Beruhigungsmittels (aus der Gruppe der Benzodiazepine) einen wichtigen Therapiebaustein dar, um zu verhindern, dass sich das Problem noch weiter ausweitet“, erklärt die Tierärztin und Tierverhaltenstherapeutin Celina del Amo.
„Dieser Ansatz macht sich speziell in den Fällen bezahlt, in denen es sich um ein akutes und noch unbehandeltes Problem handelt oder eine begonnene Therapie noch nicht weit genug fortgeschritten ist.“ Auch „Wohlfühl“-Pheromone wie Feliway® oder ADAPTIL® können therapiebegleitend Anwendung finden. Als alleinige Maßnahme sind diese Mittel jedoch nur in Fällen milder Belastungen, die sich eher in Unsicherheit und keinesfalls als Angst oder gar Panik äußern, ausreichend.

Kontaktiere Deinen Tierarzt, bzw. Deine Tierärztin!
Wichtig ist, dass die Tierärzt:in des Vertrauens zu Rate gezogen wird, um die Schwere der Angststörung bestimmen und eine individuelle Therapie empfehlen zu können.
Andreas Moll (59) lebt mit seiner Hündin Pepples in der Kölner Südstadt. Der Buchautor („Hunderunden in und um Köln“, Bachem Verlag) betreibt ein Onlineportal für Hundefreund:innen und verlegt zwei Fachmagazine für Tierärzt:innen (Katzenmedizin & Hunderunden).
www.hunderunden.de